Mainacht, Maibaum, Maikönig – das Brauchtum im fünften Monat des Jahres ist vielfältig und unterscheidet sich von Region zu Region. Besonders im Rheinland wird die Maitradition seit Jahrhunderten gepflegt – auch in Düren und Umgebung gehören die Gebräuche und das dazugehörige Vereinswesen zur Kultur. Eng verbunden mit der Region, schwingt die Energie der Stadtwerke bei diesem lokalen Brauch mit: Der diesjährige Maikönig und Mitarbeiter der SWD-Gruppe, Tim Straßfeld, erzählt, was die Festivitäten in seinem Heimatort Gürzenich ausmacht und wie er für 1111 Euro seine Maibraut „ersteigerte“.
Jahrhunderte alte Tradition
Was es mit dem Maibrauchtum ursprünglich auf sich hat und woher es stammt, konnte bislang nicht abschließend geklärt werden. Fest steht, dass es bereits mindestens seit dem 16. Jahrhundert existiert, schriftliche Zeugnisse gibt es ab dem 19. Jahrhundert.
Laien mögen die Maifeste heutzutage wie gewöhnliche Volksfeste vorkommen, die von trinkfesten Junggesellen veranstaltet werden, doch es steckt mehr dahinter. Die jahrhundertealten Sitten und Rituale werden hierzulande immer noch weitestgehend eingehalten, wobei diese sich von Dorf zu Dorf stark unterscheiden können.
Im Kreis Düren existieren über 20 Maigesellschaften, darunter die MG Gürzenich, die in ihrer heutigen Form seit 1910 besteht. Dort bereits seit sieben Jahren aktiv mit dabei ist unser Mitarbeiter Tim Straßfeld, der in diesem Jahr zum Maikönig gekürt worden ist.
Vierstellige Summe für die Königin

Das Gürzenicher Maikönigspaar 2019, Tim Straßfeld und Diana Schoenen
Begonnen wird in Gürzenich bereits vor dem Mai mit der Gründungsversammlung, in deren Verlauf der Verein einen neuen Vorstand wählt. Eine rein organisatorische Veranstaltung also, bei der der Spaß trotzdem nicht zu kurz kommt.
Mit dem nächsten Termin startet dann das Maijahr für die Truppe so richtig; dann nämlich, wenn die unverheirateten Frauen und Mädchen (ab 16) des Ortes von den Maijungen „versteigert“ werden. Diese Versteigerung mag jemandem, der das Ganze als emanzipatorisches Debakel auffasst, die Zornesröte ins Gesicht treiben, doch es handelt sich natürlich um eine rein symbolische Handlung. „Bei uns werden über 200 Frauen versteigert“, erzählt Tim Straßfeld, der bei der SWD-Gruppe als Elektroniker im Wasserwerk tätig ist. „Um Missverständnissen vorzubeugen sei gesagt, dass man kein Mädchen ersteigert, sondern lediglich das Recht, mit seiner Auserwählten den Mai zu verbringen.“ Es gibt ein Mindestgebot, dann darf per Handzeichen weiter geboten werden. Alle Damen, die für 25 Euro oder mehr ersteigert werden, sind potenzielle Maiköniginnen. Ab dann wird es spannend: das Maikönigsrecht wird ersteigert. „Der Höchstbietende“, so Straßfeld „bildet mit der ersteigerten Frau das Maikönigspaar.“
Für ein Endgebot von 1111 Euro wurde ihm und seiner Freundin Diana Schoenen diese Ehre zuteil. „Ich habe meiner Freundin damit einen Herzenswunsch erfüllt. Ihre Eltern sind im Jahr 1988 bereits Maikönigspaar gewesen. Aber auch für mich als jemand, der schon jahrelang mit Leidenschaft dabei ist, ist das natürlich eine großartige Sache!“
Im Anschluss an die Versteigerung ging es dann zur Amtsannahme zum Haus der Königin – ihre Zustimmung gab Diana natürlich schnell.
Symbole der Liebe
Das wohl markanteste Merkmal der Maitradition, welches im fünften Monat in der Region wohl kaum zu übersehen ist: die Maibäume! Bunt geschmückt und oft meterhoch, sind sie das Mittel der Wahl der Maijungen, ihrer Herzensdame Interesse zu bekunden. Auch Maiherzen, also aus buntem Krepppapier gebastelte Herzen, in die meist die Initialen oder der Name der Angebeteten mit eingearbeitet werden, sind sehr beliebt.
Der Baumschmuck, die sogenannten „Plüme“ (gebundene Büschel aus verschiedenfarbigem Krepppapier) wird von der MG Gürzenich dabei eigenhändig produziert: jedes Jahr trifft man sich traditionsgemäß an Karfreitag zum „Plüme machen“. Die fertig verzierten Maibäume, meist Birken, werden dann in der Mainacht vor dem Haus der Angebeteten an der Fassade oder Straßenlaternen befestigt oder im Boden verankert. Das Ganze bringt natürlich einen gewissen logistischen und technischen Aufwand mit sich, vor allem dann, wenn die Bäume wie in Gürzenich per Hand aufgestellt werden.
Kraftakt in der Mainacht
„Zunächst müssen wir die Bäume aus dem Wald holen.“, erklärt Tim Straßfeld. „Erst werden die kleinen Bäume für unsere Mitglieder besorgt, dann holen wir den großen Königsmai und den noch größeren Dorfsmai.“ Der Königsmai ist, wie der Name schon sagt, für die Maikönigin bestimmt, der Dorfsmai wird an einer zentralen Stelle im
Ort platziert und hat nicht selten eine Höhe von bis zu 20 Metern. Bis zur Aufstellung in der Mainacht werden die Bäume gelagert und mithilfe einer „Baumwache“ rund um die Uhr beschützt – schließlich könnten Leute mit Kettensägen oder Äxten dem Spaß ein schnelles Ende bereiten.
Wie zu erwarten liegt der Schwerpunkt der Tradition auf der Mainacht, wobei diese für die Maijungen mehr Arbeit als Vergnügen bedeutet. Schließlich müssen alle mit Plüme verzierten Bäume in der Nacht auf den ersten Mai in die Senkrechte befördert werden. Straßfeld: „Bei uns in Gürzenich stellen wir die Maibäume ohne Hilfsmittel auf. Lediglich ein Stickel kommt zum Einsatz.“ Stickel? Wieder so ein Mai-Fachbegriff! „Das sind Holzstämme mit einem V-förmigen Ende und einer Querstrebe zum Festhalten.“ Mit jeweils drei Mann an einem Stickel werden die Bäume dann Stück für Stück in die Höhe gehievt, solange, bis der Stamm gerade steht und befestigt werden kann.
Ein Maifeuer für die Dorfbewohner, wie es in anderen Orten üblich ist, gibt es in der Mainacht in Gürzenich nicht. Stattdessen trifft man sich am Dorfsmai, um ein paar gesellige Stunden mit miteinander zu verbringen.
Feste zu Ehren der Majestäten
Höhepunkt der Feierlichkeiten ist das Maifest, was die Gürzenicher traditionsgemäß am Pfingstwochenende veranstalten. Im Festzelt beginnt man samstags mit einem „Ehemaligenball“ zu Ehren aller ehemaligen Maikönige. Sonntags findet der „Königsball“ statt, welcher dem aktuellen Königspaar gewidmet ist. Am Nachmittag zieht die MG Gürzenich im „Maizug“ durch das Dorf, das Königspaar präsentiert sich in einer Pferdekutsche. An dem Festzug beteiligen sich auch alle anderen Dorfvereine, sowie befreundete Maigesellschaften und Musikkapellen.
Auch nach Pfingsten geht es für die Maijungs noch weiter. „Wir besuchen auch einige andere der vielen Maifeste, darunter Birgel und Derichsweiler.“, erzählt Tim Straßfeld. „Rivalitäten gibt es bei uns nicht – wir haben mit den anderen Gesellschaften ein gutes Verhältnis.“
Lust zu Feiern?
Die Maifeste in Düren und Umgebung finden noch über den ganzen Mai verteilt an den Wochenenden statt. Besuchen doch auch Sie eines der traditionsreichen Volksfeste, vielerorts wird mit reichlich Programm, DJ oder auch lokalen Bands gefeiert – das macht Laune!
Andere tolle Events und gute Unterhaltung finden Sie außerdem in unserem SWD Veranstaltungskalender.