Damit die Energiewende nicht ins Wasser fällt, müssen mehr erneuerbare Energien her. Schwimmende Solaranlagen könnten im dicht besiedelten NRW bisher ungenutzte Flächen erschließen, besonders wenn ab 2038 durch den Braunkohle-Stopp riesige Tagebauseen entstehen. Die ersten Floating PV-Anlagen zeigen jetzt schon vielversprechende Erfolge.
Wie funktionieren schwimmende Solaranlagen?
Statt auf Dächern werden die Solarmodule bei FPV auf Schwimmkörpern angebracht – luftgefüllte Behälter, die auf dem Wasser treiben. Verankerungen am Boden oder am Ufer sorgen dafür, dass die Solarmodule an Ort und Stelle bleiben. Die freischwimmenden Solarmodule lassen sich einfach ausrichten, warten und austauschen. Zudem können sie restlos abgebaut werden und hinterlassen keine Spuren in der Landschaft. Allerdings sind Floating PV-Module teurer, da sie für den Einsatz auf dem Wasser aufwändiger produziert werden müssen. Dafür erzeugen sie durch den Kühleffekt des Wassers mehr Strom als normale PV-Anlagen.
Was sind die Einsatzgebiete?
Mithilfe von schwimmenden Solaranlagen können bislang völlig ungenutzte Flächen für die Erzeugung erneuerbarer Energie erschlossen werden. Vor allem Kiesgruben, Baggerseen, Tagebauseen und Stauseen bieten Einsatzmöglichkeiten für Solarinseln. Das Fraunhofer Institut ISE schätzt, das in Deutschland allein 500 ehemalige Braunkohletagebau-Seen für Floating PV geeignet sind. Ein Vorteil ist, dass gerade bei Bagger- und Stauseen die notwendige Infrastruktur für die Netzeinspeisung meist schon vorhanden ist.
Welche Praxisrelevanz hat Floating PV aktuell und in Zukunft?
Schon jetzt sind schwimmende Photovoltaikanlagen auf dem Vormarsch: Seit 2019 betreibt die deutsche Firma Baywa r.e. zusammen mit dem niederländischen Groenleven die zwei größten Solarinseln außerhalb Asiens. Insgesamt 70.9 MWp strömen direkt vom Wasser ins Netz. Das ist genug, um 20.000 Haushalte mit umweltfreundlichem Strom zu versorgen. Auch in Deutschland gibt es schon einige Anlagen, so wie auf dem Baggersee Maiwald bei Achern. Mit dem Stopp des Braunkohleabbaus bis 2038 ist mit noch mehr Relevanz von Solarinseln zu rechnen. Denn aus den gigantischen Abbaugruben sollen zu einem großen Teil Seen werden. Mit Solarinseln könnte hier weiterhin Energie produziert werden – diesmal allerdings erneuerbar und CO2-neutral.
Welchen Beitrag leisten Solarinseln für die Energiewende?
Erneuerbare Energien müssen dringend ausgebaut werden. Denn mit den verschärften Klimazielen soll der CO2-Ausstoß bis 2030 um 65 Prozent reduziert werden. Solarinseln könnten gerade im dichtbesiedelten Deutschland einen wichtigen Beitrag leisten. Denn im Gegensatz zu Windkraftanlagen und normalen PV-Anlagen konkurrieren sie nicht mit anderen Nutzflächen, z.B. für Lebensmittelproduktion und Wohnraum. Dadurch bieten sie ein riesiges Ausbaupotenzial. Um das zu nutzen, setzt das erneuerte EEG Investitions-Anreize: Ab nächstem Frühjahr werden schwimmende Solaranlagen durch Innovationsausschreibungen besonders gefördert. Die Fördergrenze wurde dabei von 750 kW Leistung auf 2 MW Leistung erhöht – so können auch größere Anlagen teilnehmen.
Welche Auswirkungen haben Solarinseln auf die Umwelt?
Damit der Ausbau schwimmender Solaranlagen klappt, steht ihre Umweltverträglichkeit an erster Stelle. Aktuell erforschen sowohl die Groninger Hanze University als auch die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) die ökologischen Auswirkungen von Solarinseln. Dabei werden Material und Design immer weiter verbessert. Doch auch jetzt gibt es einige klare Umweltvorteile und sogar Chancen, die sich mit FPV-Anlagen bieten:
- Weniger Verdunstung – Schutz bei Hitzeperioden und für die Trinkwassergewinnung (z.B. auf Stauseen)
- Keine Flächenversiegelung – Wind und Sonnenlicht erreichen die Wasseroberfläche zwischen den Solarmodulen
- Solarinseln sind leise – und stören so weder Anwohner noch Tierwelt
- Nehmen nur kleinen Prozentteil der Wasserfläche in der Seemitte ein – keine Beeinträchtigung von Uferleben und Landschaft
- Nach einem Jahr kein Einfluss auf die Wasserqualität
- Versteckmöglichkeit für Fische
Gibt es bald Solarinseln in der Region Düren?
Öffentliche Pläne gibt es in der Region noch nicht, doch klar ist, Energiewende geht nur gemeinsam. Deswegen brauchen FPV-Projekte zuallererst die Akzeptanz und Zusammenarbeit mit Anwohnern und lokalen Akteuren. Potenzial für schwimmende Solarkraftwerke gibt es in der Region Düren genug: Neben zahlreichen Baggerseen könnten möglicherweise auch Stauseen wie die Wehebachtalsperre in Frage kommen, die viel Wasseroberfläche und die nötige Infrastruktur bieten. Eine Solarinsel könnte hier durch den Verdunstungsschutz zusätzlich die Trinkwassergewinnung unterstützen. Doch das größte Potenzial liegt im Tagebaugebiet Inden. Hier soll nach dem Stopp des Braunkohleabbaus der 12,6 Quadratkilometer große Inde-See entstehen. Selbst eine große Solar-Insel würde hier nur wenige Prozent der Wasseroberfläche einnehmen und noch jede Menge Platz für Freizeit und Natur lassen.
Können auch Unternehmen von Floating PV profitieren?
Nicht nur für die allgemeine Energieversorgung ist Floating PV interessant, sondern auch für energieintensive Gewerbe mit eigenen Wasserflächen. Sie können mit schwimmenden Solaranlagen unabhängig und umweltfreundlich günstigen Strom produzieren. So deckt der Kieswerkbetreiber Hülskens rund ein Drittel seines Strombedarfs mit einem eigenen Solarkraftwerk auf einem Baggersee in Weeze. Etwa 10 Prozent der Energiekosten konnte das Kieswerk dadurch schon im ersten Jahr einsparen. Die Investitionskosten sollen sich bereits nach 6 Jahren amortisieren.
Auch im rheinlandpfälzischen Leimersheim liefert eine schwimmende Solaranlage Strom für ein Kieswerk. Die 750 KW-Anlage soll demnächst sogar auf 1,5 MW vergrößert werden.
Eine gewerbliche Solarinsel lohnt sich vor allem dann, wenn der Eigenverbrauch sehr hoch ist, und die Betriebszeiten zu den energie-intensiven Sonnenstunden passen.
Floating PV – Neuer Auftrieb für die Energiewende
Die flächeneffiziente Erzeugung von klimafreundlichem Strom mit Solarinseln könnte einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. Vor allem der Konflikt um die Flächennutzung liesse sich durch schwimmende Solarmodule deutlich reduzieren. Der Erfolg von Solarinseln steht und fällt dabei mit ihrer Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit. Die ersten Ergebnisse sind jedoch vielversprechend, und die neuen Förderungen setzen Anreize, die Technologie weiter zu optimieren.